04.09.2010

Mafia 2 Review

Nachdem ich der Demo von Mafia 2 ja schon ein Review gewidmet habe, hier nun ein Review des kompletten Spiels.



Zuerst einmal: Der Titel Mafia 2 ist falsch gewählt. Es hätte heißen müssen "Oldtimer Simulator: 1940 Edition" oder so. Gut 70-80% des Spiels besteht aus Hin- und Herfahren zwischen verschiedenen Schauplätzen. Der typische Tagesablauf des Protagonisten Vito Scaletti sieht so aus: Per Telefon aus dem Bett geklingelt und zu irgendeinem Job bestellt werden, ans andere Ende der Stadt zum abgemachten Treffpunkt fahren und sich anhören was zu tun ist. Anschliessend wieder ans andere Ende der Stadt fahren um irgendwas super wichtiges für den Auftrag ab zu holen. Nochmal an's andere Ende der Stadt um den Auftrag auszuführen. Hier tauchen eventuell ein paar finstere Gestalten auf die erschossen werden wollen. Anschliessend dann irgendetwas (z.B. Beute) weg bringen, selbstverständlich zum anderen Ende der Stadt, und dann abermals quer durch die Stadt fahren um wieder nach Hause zu kommen und sich in's Bett zu legen.
Wer jetzt meint die obige Beschreibung wäre langatmig, der sollte lieber die Finger von Mafia 2 lassen.
Besonders die ersten Stunden des Spiels sind geprägt von ewigen Spazierfahrten durch die Stadt. Nach einer kurzen Zwischensequenz geht es dann weiter, und die Schauplätze scheinen absichtlich so gewählt, dass der Spieler möglichst lang von einem Ort zum anderen unterwegs ist.

Dabei ist das Spiel in Sachen Technik, Steuerung und allgemein Aufmachung eigentlich einwandfrei. Selbst das oftmals so nervige Deckungssystem funktioniert zumeist ohne Probleme, so dass man nur selten in die Situation kommt hinter einem Objekt in Deckung gehen zu wollen welches das Spiel nicht als Deckung anerkennen will. Einfach zu lösen wäre das natürlich gewesen wenn man einen Knopf mit "Ducken" hätte belegen können, aber nun ja...
Die Stadt bietet eine Menge Details und wirkt ziemlich authentisch, zumindest auf mich, die vom Amerika der 40er und eventuell im Spiel auftauchenden Anachronismen keine Ahnung hat. Kleidung, Waffen, Autos, Radioprogramm, Kleinigkeiten wie Haushaltsgegenstände und nicht zuletzt die Frisur von Vito vermitteln für mich jedenfalls ein starkes 40er Jahre Feeling.
Das Radio ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Wer auf 40er oder 50er Jahre Musik steht, der wird an den enthaltenen Liedern wohl gefallen finden. Alle anderen können das Radio ausschalten oder zumindest den Sender wechseln, denn manche Lieder sind schon extrem aufdringlich. (Ich hatte einen halben Tag lang das ätzende "Who wrote the book of love?" als Ohrwurm)



Im Endeffekt waren es wohl die Charaktere, die mich dazu verleitet haben immer wieder etwas weiter zu spielen, bis ich das Spiel schliesslich durch hatte. Allen voran der Protagonist Vito und sein bester Freund Joe. Die beiden sind mit ihren kleinen Sticheleien gegeneinander wirklich nett anzuschauen. Der restliche Mafia Plot um Verrat und Ehre entspricht dem was man wohl erwartet, denn auch wenn ich noch nie viele Mafia Filme gesehn habe, erschien mir die ganze Geschichte als sehr typisch für das Genre. Dazu muss man allerdings sagen, dass auch hier die erste des Hälfte des Spiels sehr langwierig ist, und sich recht viel Zeit damit lässt, Vitos Einstieg in's Mafiageschäft zu illustrieren, bevor es dann gegen Ende ein wenig spannender und verzwickter wird.

Zehn Stunden nimmt das Spiel etwa in Anspruch, und wenn man eine Fast-Travel Option eingebaut hätte um die langwierigen Autofahren zu überspringen, dann wäre es wohl nur noch die Hälfte gewesen.
Den ganzen Autos im Spiel hat 2k Games übrigens ein Navi mit GPS spendiert, denn man bekommt auf einer Minimap stets den Weg zum Ziel als rote Linie angezeigt. Wer auf den Fahrten nicht auffällig wird der sollte auch kein Problem damit haben sein Ziel zu erreichen, denn Hindernisse gibt es in der Stadt nicht wirklich. Die Polizei ist jedoch sehr streng, und nimmt sogar beim Anrempeln eines anderen Autos, oder der Überschreitung des Geschwindigkeitslimits, die Verfolgung auf. So leicht zu entzürnen die Polizisten auch  sind, so wenig Hartnäckig sind sie in der Verfolgung, denn ein paar Sekunden ausser Sicht lassen die Ordnungshüter vergessen, dass je irgendwas vorgefallen ist. Es sei denn, Vito macht sich eines größeren Verbrechens schuldig, wie beispielsweise das Erschießen eines Polizisten, dann wird man mit einem permanenten (zumindest bis zum Bezahlen eines kleinen Bestechungsgeldes oder ähnlichem) Wanted-Status bestraft. Wer jedoch nicht gerade in einem Lastwagen unterwegs ist, für den sollte die Polizei kein allzu großes Hindernis darstellen. Tatsächlich lassen sich die Männer in Blau die meiste Zeit relativ gut ignorieren, da sie nichtmal versuchen durch Anrempeln oder ähnliches den Spieler zum Stehen zu bringen. Und das, obwohl die Polizeiautos theoretisch zu den schnellsten in der Stadt gehören. Wer die Fahrzeiten verkürzen möchte ist also gut beraten einfach dem nächsten Polizisten eine Kugel in den Kopf zu jagen und seinen Wagen zu nehmen, große Konsequenzen muss man dabei nicht befürchten.

Die wirklich großen Shootouts im Spiel, also solche die länger als nur ein paar Augenblicke dauern, kann man an den Fingern abzählen und auch hier findet man eine Häufung in den letzten Stunden des Spiels. In Sachen Anspruch bleiben diese Gefechte dann ebenfalls sehr flach, und es handelt sich mal wieder um die übliche Shooting Gallery, wie man sie in letzter Zeit so oft sieht: In Deckung gehen, alle Gegner abknallen, vorrücken, und das ad infinitum.
Die meisten Feuergefechte finden in seperaten und linearen Levels statt, und nicht im offenen Stadtgebiet. Eine Verschwendung, denn so wird die Stadt fast ausschliesslich zum ereignislosen hin- und herfahren genutzt.



An einer einzigen (!) Stelle im Spiel wird Vito plötzlich von einer Gruppe Attentäter attackiert und ist seinerseits zuerst unbewaffnet und in einer ungünstigen Position. Es gilt hier also einem einzelnen Angreifer zuerst die Waffe abzunehmen und dann eine bessere Position für den Kampf zu finden, denn am Ausgangspunkt wird man von den Angreifern zu schnell überwältigt. Hier zeigt das Spiel dann auch was in ihm stecken könnte: Zuerst rennt man einige Häuser weiter, um eine günstige Stelle zu finden an der man nicht flankiert werden kann (die KI scheint dazu in der Lage zu sein, nur in den meisten Levels gibt es kaum Stellen an denen sowas möglich wäre), von dort aus kann man ein oder zwei Verfolger ausschalten. Anschliessend klaut man ein geparktes Auto und geht zum Angriff über. Mit dem Auto kann man eventuell einige der Gegner überfahren, und anschliessend lässt sich das Gefährt natürlich auch als Deckung günstig platzieren. Während dem darauf folgenden Feuergefecht passierte bei mir dann etwas besonders lustiges: Die Polizei wurde ebenfalls aufmerksam und mischte sich in die ganze Sache ein. Glücklicherweise war ich nicht in Sichtweite der Polizisten, doch meine Gegner wurden tatsächlich von der Polizei verhaftet.Klingt lustig, oder? Tja, eigentlich war die Aufgabe an dieser Stelle nur, vor den Angreifern zu fliehen. Wäre ich der Anweisung des Spiels gefolgt, hätte ich die für mich spaßigste Stelle nicht einmal erlebt.
Die interessanten Möglichkeiten, welche die Open World Umgebung und die KI bieten könnten ist an keiner Stelle auch nur annähernd ausgereizt.

Während das Spiel also in Sachen Technik, Grafik, Story und dem ganzen anderen Drumherum wirklich gut ist, fällt es spielerisch total flach, da man als Spieler wirklich nichts tut ausser in Oldtimern durch die Gegend zu tuckern, banale Befehle auszuführen und hin und wieder ein paar Feinde abzuknallen. Da überrascht es nicht, dass das Spiel auch im Hard Mode keine Herausforderung bietet. Offenbar ist die einzige Auswirkung des Schwierigkeitsgrades die Lebensanzeige von Vito, und so beisst man auf der höchsten von drei Stufen schon nach ein bis zwei Treffern in's Gras. Dadurch ergeben sich im Laufe des Spiels eine handvoll Stellen an denen man eine Taktik entwickeln muss um nicht überrumpelt zu werden. Ansonsten ist das Spiel sehr eifrig, wenn es darum geht dem Spieler mit (abschaltbaren) Hinweisen zu erklärenwo genau er als nächstes hin gehen soll, und was dort zu tun ist.

Mein Fazit wäre: Entweder ausleihen und an 1-2 Tagen durchspielen, kaufen und nach dem Spielen weiter verkaufen, oder, die zeitsparendste Methode: Einfach ein "Let's Play" Video auf Youtube anschauen und die ganzen Autofahrten dabei überspringen.

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