11.04.2011

Dragon Age 2 Review

Ein weiteres Dragon Age 2 Review. Gibt es irgendwas zu sagen, das nicht schon in einem dutzend anderer Reviews zum Spiel gesagt wurde? Ich habe fast das Bedürfnis es hier ganz kurz zu machen, und, in Anspielung auf "Per Anhalter durch die Galaxis" das Review auf ein Wort zu beschränken: Harmlos.
Da ich jetzt aber bereits viel mehr als nur ein Wort geschrieben habe, würde der Witz nicht mehr funktionieren, also muss ich mich wohl lang und breit zum Spiel auslassen.

Warum "harmlos"? Nunja, Bioware hat alles daran gesetzt das Spiel so zugänglich wie möglich zu gestalten, auf dass auch ja niemand an irgendeinem Aspekt des Spiels Anstoß nehmen möge. Andere Worte mit denen man das Spiel passend beschreiben könnte wären z.B. profillos, halbgar oder halbherzig.

Das Hauptproblem das ich mit dem Spiel habe, lässt sich ebenso einfach zusammenfassen: Es gibt einfach nichts zu entdecken. Das zieht sich durch alle Aspekte des Spiels.

Fangen wir mal bei den Quests an: Jeder Questgeber (eigentlich schlimm genug, dass man es so nennen muss, und sich Aufgaben nicht flüssig in den Spielverlauf eingliedern) ist von weitem durch ein Ausrufezeichen auf der Karte markiert, WoW lässt grüßen. Ist das Quest angenommen, wird die Zielposition auf der Karte markiert. Um was es in dem Quest geht ist prinzipiell egal, denn erreicht man die Zielkoordinaten dann löst sich der Rest von alleine, in der Regel durch eine kurze Dialogsequenz mit anschliessendem Kampf. Es gibt keine überraschenden, versteckten Quests die den akribischen Sucher belohnen, oder Hinweise auf solche, und keine NPCs bei denen man sich fragt ob sie vielleicht etwas bereithalten könnten. In der Tat kann man nichtmal mehr mit NPCs reden, sofern sie nicht gerade ein Ausrufezeichen oder einen Questmarker über dem Kopf haben.
Spielerisch gesehn sind die Quests also allesamt auf dem Niveau der typischen "MMO Fetchquest" - völlig uninteressant. Sinn der Quests ist es, dem Spieler etwas zu tun zu geben und die Hintergrundgeschichte, bzw. eine der vielen Nebenstories voran zu treiben, doch dazu später mehr.

In Sachen Items sieht es ähnlich aus: Von einem Schwert das 13 Schaden macht geht's zu einem das 14 Schaden macht, und dann zu einem das 15 Schaden macht. Jedes neu gefundene Item stellt maximal eine marginale Verbesserung zum aktuellen Stand dar. Ich werde den Vergleich zu Baldur's Gate 2 hier öfter ziehn müssen, denn das Spiel zeigt in vielerlei Hinsicht genau wie es sein sollte. Items aus Baldur's Gate 2 hatten eine Identität. Damit meine ich nicht nur die teils ganz interessanten Itembeschreibungen, die etwas über die Herkunft eines bestimmten Gegenstands verraten, sondern auch deren Funktion im Spiel selbst. Viele Items in BG2 verfügen über einzigartige Eigenschaften die sie von einander abheben. Da gibt es eine Keule die bei jedem Treffer gegen einen Untoten eine kleine Chance besitzt, diesen sofort zu zerstören, ein Schwert das es dem Träger erlaubt den Magierzauber "Mirror Image" zu sprechen und somit einem Krieger auch einen gewissen magischen Schutz verleiht, einen Ring mit dem man sich unsichtbar machen, ein Amulet das den Träger vor dem nervigen "Level Drain" Effekt schützt, und so weiter. Die Liste an Items, die alle ihren eigenen Zweck haben, ist endlos.
Was finden wir dagegen in Dragon Age 2? Ein Schwert mit ein bisschen mehr Schaden, ein Amulett mit ein bisschen mehr Leben, einen Ring mit ein bisschen mehr Schaden. Zum Gähnen. Jedes bessere Item macht das vorangehende völlig überflüssig, ist jedoch für sich genommen nie so interessant, dass man es nicht auch hätte auslassen können. Durch die Profillosigkeit der Items geht zum einen taktische Tiefe verloren (In BG war es zum Teil sinnvoll Items im Kampf zu wechseln, um deren Sonderfähigkeiten nutzen zu können), und zum anderen ist es auch eine verschenkte Möglichkeit, der Welt ein wenig mehr Leben einzuhauchen. Schliesslich zeichnen sich Fantasywelten auch durch ihre magischen Artefakte aus. Während man dies in den Baldur's Gate Spielen noch mit dem Gameplay verweben konnte, bekommt man in Dragon Age 2 nur noch gesagt "Das hier ist ein magisches Schwert", aber Auswirken tut sich das nur in ein paar höheren Schadenswerten.

Bandit Nr. 3265, 3 Sekunden nach Kampfbeginn.

Nächster Punkt, Dungeons. Oh mein Gott...
In einem Hack & Slay sind die Dungeons Dreh- und Angelpunkt des Spielgeschehns. Hier findet schliesslich das statt, was das Spiel ausmacht.
Auch hier ist der Vergleich mit BG2 wieder zu verlockend, aber damit das hier nicht zu einem BG2 Review umschlägt versuche ich mich kurz zu fassen: Die Baldur's Gate 2 Dungeons sind mit das beste was ich in einem RPG gesehn habe. Die Liebe zum Detail spriesst dort aus jedem Raum. Jeder Gegner scheint mit Bedacht platziert, jeder Raum hat einen bestimmten Zweck. Da findet man kleinere Quests in den Dungeons selbst, versteckte Türen, andere Abenteuergruppen, die einem die Wahl lassen ob man sie bekämpfen möchte oder nicht, Fallen, kleine Rätsel usw. Es gibt einfach Dinge zu entdecken.
Ganz anders in Dragon Age 2, wo Dungeons nicht mehr sind als eine Aneinanderreihung von Gängen, Räumen und Türen. In jedem Raum eine neue Gegnergruppe, dann mal eine Kiste... und sonst eigentlich nichts. Irgendwann ist man beim Questmarker angekommen, sieht eine kurze Videosequenz und dann geht es weiter.
Die Monotonie der Dungeons selbst wäre vielleicht nur halb so schlimm, wenn wenigstens die Gegner interessant wären. Aber letztendlich gibt es zwei verschiedene Sorten von Feinden: Nahkämpfer und Fernkämpfer. Denn ob Darkspawn, Untote, Söldner, Templer, Räuber, Spinnen, Drachen, blablabla, es macht alles keinen Unterschied. Die Gegner unterscheiden sich optisch, aber in ihrer Funktion im Spiel an sich, sind sie identisch. Nahkämpfer rennen heran und attackieren, Fernkämpfer stehn rum und attackieren. Welcher Spezies oder Klasse man dabei gegenübersteht spielt überhaupt keine Rolle, denn Sonderfähigkeiten oder bestimmte Stärken und Schwächen besitzen 90% der Gegner in Dragon Age 2 nicht.
Und hier muss ich nicht wieder den Vergleich zu BG2 ziehn sondern kann eigentlich fast jedes andere RPG dafür nehmen, denn nirgends sonst ist die Monotonie so hoch wie bei Dragon Age 2.
Andere Spiele haben Gegner mit bestimmten Resistenzen, Buffs die ausgeschaltet werden müssen, oder Zaubern, die die eigene Gruppe einschränken. In Dragon Age 2 kämpft man gegen alle Feinde gleich - in erster Linie indem man sie einmal rechtsklickt und anschaut wie sie niedergemetzelt werden. Taktische Möglichkeiten beschränken sich im großen und ganzen darauf, die Feinde in einen Engpass zu locken, und die Angriffe zu fokussieren um einzelne Gegner schneller auszuschalten, damit diese nicht weiter zum Schaden gegen die Gruppe beitragen. Für alles andere sind die Zauber und Fähigkeiten einfach nicht vielfältig genug. Vorbei sind die Tage, in denen man die gegnersichen Nahkämpfer mit Zaubern betäubt, festhält oder sie mit beschworenen Kreaturen beschäftigt, um in den hinteren Reihen zuerst die feindlichen Zauberer zu töten ehe diese selbst dazu kommen die eigene Gruppe zu kontrollieren. In Dragon Age 2 geht es einfach mit dem Kopf durch die Wand. Dadurch, dass auch ganz gern mitten im Kampf mal Gegner einfach aus dem nichts auftauchen erübrigt sich die Sache mit der Positionierung oder Planung sowieso größtenteils.
Ich hatte schonmal etwas über das Dungeon Crawling in Dragon Age Origins geschrieben, und die gleichen Dinge gelten hier auch wieder: Dadurch, dass sich HP, Mana und gefallene Kämpfer nach dem Kampf augenblicklich regenerieren verliert das Spiel auch noch den strategischen Aspekt, der die einzelnen Kämpfe normalerweise miteinander verknüpfen würde. Es ist egal, ob ich nach dem Kampf noch 20% oder 50% Leben übrig habe, da ich sowieso keine Ressourcen dafür aufwenden muss, mich zu heilen. Es ist egal ob ich auf einen einzelnen Gegner meine stärksten Zauber verbrate, da nach dem Kampf sowieso alles wieder bereit steht.
Selbst in Action RPGs wie Diablo wiegt der Spieler ständig ab zwischen dem Wert einzelner Lootgegenstände, den verbleibenden Tränken, dem eigenen Gold und dem Zeitaufwand, zurück zu gehen um zu verkaufen und sich neu zu versorgen. Doch auch diese Aspekte wurden in Dragon Age 2 alle auf ein Minimum reduziert. Es bleibt einfach nicht mehr viel übrig was man überhaupt noch "Spiel" nennen kann.
Trotzdem hat sich Bioware erlaubt noch einen oben drauf zu setzen, denn neben den Gegnergruppen wiederholen sich nun auch die Dungeons selbst bis ins endlose. Ja, die Umgebungen durch die man rennt werden recycelt und müssen, je nach Quest, für ganz unterschiedliche Dinge herhalten, obwohl es immer wieder die gleichen Maps sind. Als hätte man sich einen Witz daraus gemacht zu sehn, wieviel Spiel man aus dem Produkt herausschneiden kann, und es sich trotzdem noch verkauft.


Press a button, something awesome happens

Der Fokus hier liegt offenbar auf dem Erzählen einer Geschichte. Oder eher vieler kleiner, voneinander unabhängiger Geschichtchen. Mehr sind die Quests nämlich in den meisten Fällen nicht. Oft gibt es zwar ein allgemeines Hintergrundthema, wie z.B. den Konflikt zwischen Templern und Magiern, doch ein roter Faden ist oft nicht erkennbar.
Ich begrüße an sich die Entscheidung, mal keine Geschichte zu erzählen von der Rettung der Welt, sondern sich auf das Schicksal einer Gruppe von Personen zu beschränken und das ganze somit etwas persönlicher zu gestalten. Die Geschehnisse des Spiels werden dabei in Form einer Rückblende erzählt, die von einem der Partymitglieder moderiert wird. Wie aus der Demo sicherlich vielen bekannt, beginnt die Geschichte mit einer übertriebenen Version des Protagonisten Hawke, in der er/sie ein tollkühner Held ist, der Darkspawn reihenweise zerplatzen lässt. Doch die Frau, die den Erzähler dieser Geschichte, den Zwerg Varric, über den Verbleib Hawkes ausquetschen will, lässt sich nicht linken und erkennt, dass es sich um eine Übertreibung handelt. Sie bedroht Varric, der daraufhin anfängt die Geschichte zu erzählen wie sie wirklich war... ähem, und trotzdem bringt Hawke die Darkspawn massenweise um die Ecke!! Zu dutzenden mähen Hawke und seine (oder ihre) Begleiter die Darkspawn nieder, die jedes mal auf's neue lustig herangewackelt kommen. Aber nicht nur Darkspawn, denn in den nächtlichen Straßen von Kirkwall kann es schonmal vorkommen, dass man von 10-15 Banditen überfallen wird, von denen die Hälfte schon nach 3 Sekunden nur noch eine riesige Blutfontäne ist.
Ich hatte es schonmal in meinem Eintrag zur Demo des Spiels erwähnt, und daran hat sich natürlich nichts geändert: Die Darstellung stimmt nicht mit dem überein was das Spiel zu erzählen versucht. Auch die Animationen tragen ihren Teil dazu bei, und die sehn nunmal aus als hätten wir es mit übermenschlichen Kampfmaschinen zu tun, während die Hintergrundgeschichte uns aber weiß machen will, Hawke sei im unscheinbaren Dörfchen Lothering aufgewachsen und hätte keinen kämpferischen Hintergrund. Woher kommt dann die enorme Kampfkraft, dank der Hawke im Handumdrehn die komplette Unterwelt Kirkwalls aufmischt?
Aber hier ist ja das Paradoxe: Im Grunde sind solche Unstimmigkeiten in einer Spielstory nicht weiter wichtig, denn schliesslich ist diese nicht mehr als Mittel zum Zweck, um den Spieler in eine Fantasywelt zu versetzen und den Rahmen vorzugeben. Wenn allerdings ein derart großer Fokus auf die Story gelegt wird wie bei Dragon Age...? Zum einen sind die spielerischen Aspekte der Kämpfe auf ein Minimum reduziert, anscheind um dem Erzählen der Geschichte nicht im Weg zu stehen, zum anderen macht man dann aber beim Erzählen der Geschichte wiederum extrem viele Kompromisse, nur um irgendwie auch noch Kampfsequenzen mit einzubringen, selbst wenn die Rahmenhandlung eines Quests sich eigentlich garnicht dafür eignet. (Eine Sache, die mich übrigens schon bei Mass Effect 2 immer wieder genervt hat)
Darum ist man sich nicht zu fein, an allen Ecken und Enden extrem erzwungen wirkende Gegnergruppen einzubauen. Da soll man an einer Stelle das Testament des Großvaters aus der früheren Villa der Familie Hawke beschaffen - und diese ist natürlich mit Sklavenhändlern verseucht, die auch direkt bei Blickkontakt angreifen. Warum Sklavenhändler? Eigentlich spielen diese Leute überhaupt keine Rolle, aber Sklavenhändler eignen sich nunmal hervorragend dazu, sie irgendwo hinein zu stopfen um ein Gebiet mit Gegnern zu füllen. Er ist Sklavenhändler, ergo böse, mehr muss da nicht erklärt werden. Die Quest läuft dann so ab, dass man sich durch die Gegner metzelt bis hin zu einer Truhe in der das Testament vor sich hin gammelt. Fertig. Diese Quest hätte so viele Möglichkeiten geboten die Stadt und Hawkes Familie weiter zu beschreiben, man hätte sich als Ex-Adel der Stadt mit den neuen Besitzern der Wohnung, zum Beispiel eine andere Adelsfamilie, arrangieren müssen und dann vielfältige Wege haben können an das Testament heran zu kommen, ob Überredungskunst, Bestechung eines Hausangestellten, nächtlicher Einbruch oder oder oder... sowas wäre ein RPG dem man es verzeihen kann, dass das Kampfsystem nicht das Beste ist. Ein Spiel wie Arcanum zum Beispiel. Aber nein, wir sind hier bei Dragon Age 2, deswegen ist der Keller voll mit Sklavenhändlern und die werden per Rechtsklick gemetzelt, Ende der Geschichte.

Auch gibt es immer wieder Unstimmigkeiten dadurch, dass das Spiel die Klasse Hawkes nicht mit in Betracht zieht. Anscheind war es zuviel Arbeit, konsequent einzbauen, dass Leute auf einen Magier anders reagieren als auf einen Krieger, denn selbst in den Quests in denen es genau um dieses Thema geht, handeln alle beteiligten so, als sei Hawke überhaupt kein Magier, selbst wenn man als Spieler eben diese Klasse ausgewählt hat. Um zu verstehn was ich meine ist ein wenig Hintergrundwissen nötig: In der Welt von Dragon Age gilt Magie als sehr gefährlich, und Magier müssen deswegen strengen Zirkeln beitreten. Tun sie dies nicht, gelten sie als Abtrünnige und werden von den Templern (die Paladine von Dragon Age) gejagt. Wählt man für Hawke die Klasse Magier, so ist er/sie auch kein Mitglied eines Zirkels, und somit abtrünnig. Dann gibt es aber Quests in denen es um Templer geht die abtrünnige Magier jagen, und selbst beim Gespräch mit den Templern kommt nie das Thema auf, dass Hawke ja selbst ein abtrünniger Magier ist. Was ist denn mit Hawkes Robe? Dem Magierstab? Vermutlich alle möglichen anderen Zauberutensilien, die darzustellen die Grafik einfach zu detailarm ist? Warum reagiert niemand darauf und kommt auf die Idee, Hawke auch in einen der Zirkel zu stecken?
Ganz einfach, weil es zuviel Aufwand gewesen wäre solch eine Geschichte einzubauen, wenn sie doch nur für die Minderheit, derjenigen die als Magier spielen, zugänglich gewesen wäre. Solche Halbherzigkeiten bei der Produktion werden im Verlaufe des Spiels immer wieder offensichtlich.

An einer Stelle gerät man in einen Konflikt mit einer Söldnergruppe, die es auf's gleiche Ziel abgesehn hat wie der Spieler selbst. Doch auch hier: Anstatt das Potential zu nutzen und den Spieler entscheiden zu lassen wie er mit der Lage umgeht, sind diese Söldner ebenfalls die typischen, flachen "Bösewichte", die zum Spaß töten und quälen und natürlich auch Hawke sofort angreifen, einfach nur so. (Und natürlich wenige Sekunden später als Blutfontäne enden...)
Wenn man eine persönliche Geschichte erzählen wollte, wäre es dann nicht sinnvoller gewesen von so einer Schwarz/Weiss Darstellung ein wenig abzuweichen? Die Geschichte wird behandelt als hätte sie irgendeine große, erzählerische Tiefe, aber im Endeffekt sind die Motivationen von Hawkes Feinden meist nicht nachvollziehbarer oder menschlicher als die des nächstbesten Dämonen oder Ork.
Charakterisierung findet einfach nicht statt, oder beschränkt sich auf die üblichen Stereotypen.
Uuuuund sowas wäre für mich, wie gesagt, auch OK, wenn es denn die dahinterstehenden Spielmechaniken rechtfertigen könnten. Aber, auch auf die Gefahr mich zu wiederholen: Wenn diese schon auf ein Minimum reduziert werden, um anscheind die Story und die Dialoge in den Vordergrund treten zu lassen, wieso biegt man dann auf der anderen Seite die Handlungsstränge immer wieder so hin, dass es immer zum Kampf kommt, selbst wenn es noch so weit hergeholt ist. Anstatt konsequent zu sein, und dem Spieler die Möglichkeit zu geben einen Konflikt auch mal nur mit Worten zu lösen, lässt man es immer wieder auf einen Kampf hinauslaufen. Hier zeigt sich einfach die Ziellosigkeit der gesamten Konzeption des Spiels. Kein richtiges Hack & Slay, keine "Visual Novel mit CG Sequenzen", kein garnix, nur ein seelenloses Produkt das sich genau zwischen zwei Stühle setzt.

In Gesprächen wird nun ein Dialograd verwendet, wie man es aus Mass Effect bereits kennt. Das heißt der Spieler darf nicht genau wissen was Hawke als nächstes sagen wird, sondern bekommt nur ein paar Stichworte vorgegeben, die andeuten um was es gehen soll. Oft haben diese Stichpunkte leider nicht besonders viel damit zu tun was am Ende gesagt wird. An einer Stelle zum Beispiel, auf die Frage ob ich einen Auftrag annehmen wollte, wähle ich im Dialograd "Depends on the kind of work". Hawke interpretiert dies dann als ein "Just tell me already!". Okay...
Auf die Frage, worauf ich aus sei wähle ich an einer Stelle "Power" im Dialograd, und Hawke erzählt prompt etwas von "Fame and Fortune", was auch eigentlich ein bisschen was anderes ist.
Diese Undurchschaubarkeit ist nervig, wirkt sich jedoch letztendlich kaum auf das Spiel aus, denn die 3 unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten unterscheiden sich letztendlich nur im Tonfall und in der Wortwahl, die Aussage ist in den meisten Fällen gleich. Und selbst wenn nicht, wird das Gespräch durch die nächste Antwort des Gesprächspartners wieder umgeleitet zu dem Resultat, das herausgekommen wäre wenn ich eben eine andere Antwort ausgewählt hätte.
Letztendlich gibt es nur sehr wenige Stellen an denen man überhaupt Einfluss nehmen kann, und auch dann meist nur auf einen der Subplots die im Folgenden geringe bis garkeine Auswirkungen mehr auf das Spiel haben werden. Oder sollte ich besser sagen: Auf die Story, denn das Spiel an sich bleibt von den Entscheidungen des Spielers ohnehin unbeeinflusst. Wo und wann gegen wen gekämpft wird ist zu 90% vorherbestimmt, und lässt sich vom Spieler garnicht beeinflussen, es sei denn er entschliesst sich, das entsprechende Nebenquests einfach auszulassen.

Warum ist das Spiel eigentlich trotzdem so beliebt?
Ich denke es liegt an dem was ich Eingangs erwähnte, nämlich, dass es auf eine gewisse Weise einfach so harmlos ist. Da die Kämpfe so leicht sind, wird niemand frustriert, das Interface an sich stimmt, die KI Gefährten machen weitestgehend alles alleine, und es besitzt, im Gegensatz zu den endlos, monotonen Dungeons aus Dragon Age Origins, eine Vernünftige Mischung aus Metzeln und Dialogen. Das heißt natürlich nicht, dass das Metzeln hier nicht auch monoton ist, aber immerhin sind diese Abschnitte recht kurz gehalten.
An der Oberfläche ist das Spiel einfach sehr poliert. Auch wenn die Grafik technisch gesehn nicht vom feinsten ist, und die Umgebungen zum Teil etwas detailarm, reicht es doch aus um einen Eindruck der Spielwelt und ihrer Einwohner zu vermitteln. Interaktion mit der Welt ist zwar kaum möglich, aber man hangelt sich eben an den oben beschriebenen, mäßig interessanten Quests entlang und erfährt dabei Stück für Stück etwas mehr über die Geschichte, oder über die Begleiter
Überhaupt sind die Begleiter immer wieder ein großer Selling Point für Biowares Spiele, denn sie schaffen es dem Spiel zumindest ein bisschen Leben einzuhauchen.
Eine Bannerwerbung zum Spiel zeigte mir kürzlich die leicht bekleidete Isabela, zusammen mit Texteinblendungen wie "Findest du diese Frau attraktiv? - Möchtest du sie kennenlernen? - ... intim?" Was kann man sagen? Sex sells, Bioware weiß das und selbstverständlich lassen sie keine Möglichkeit ungenutzt, die Verkaufszahlen vielleicht doch noch ein Bisschen in die Höhe zu treiben, selbst wenn sie dazu ihre eigens erschaffenen Charaktere prostituieren müssen.

Das Gegenstück zu Isabela ist übrigens Merrill, die ganz und gar unschuldige und unbeholfene Elfe. Diese Tatsache wird dem Spieler so gut es geht eingetrichtet. Was die Persönlichkeit der Partymitglieder angeht, gibt es nämlich keinen Wink mit dem Zaunpfahl, nein da wird der Spieler mit dem Zaunpfahl blutig geprügelt bis er so aussieht wie einer der Dragon Age Charaktere nach einem beliebigen Kampf.
Merrill gibt schonmal Kracher von sich wie das folgende Zitat: "Because I miss a lot of dirty things and sometimes I wouldn't mind hearing them." - WENN DIR DIE SCHMUTZIGEN SACHEN ENTGEHEN, WIESO WEISST DU DANN, DASS SIE DA WAREN!? Diese Zeile erfüllt natürlich nur den Zweck, Merrill als Option für eine Romanze in Aussicht zu stellen und dabei ihren Charaktertyp darzustellen, also ist es egal ob sie sich innerhalb eines Satzes selbst widerspricht.
Ein weiteres Beispiel: "Some adventurer I am - just set out and already daunted!" Ja, erzähl uns mehr über deine Persönlichkeit! So machen es nämlich die Profis: Figuren charakterisieren sich ganz stumpf selbst, indem sie einfach sagen welche Eigenschaften sie besitzen.
Solche Zeilen könnten direkt aus der Feder einer 14 jährigen Naruto Fanfiction Autorin stammen, hnggg...
Wie ich bereits in meinem Text über die Romanzen in Bioware Spielen erwähnt hatte, lautet eine Grundregel der Schriftstellerei "Zeigen, nicht beschreiben". Das gilt natürlich in erster Linie für Bücher und die darin enthaltenen Beschreibungen von Figuren, Örtlichkeiten oder Geschehnissen, aber lässt sich auch auf die Dialoge in einem Computerspiel ausweiten. Anstatt, dass das Spiel mir zeigt wie verunsichert Merrill ist indem sie zum Beispiel in einer kritischen Szene zögerlich reagiert und damit die Gruppe in Gefahr bringt, ist eines der ersten Dinge die sie von sich gibt gleich eine plumpe Selbstbeschreibung. Nichtmal, dass ihre Persönlichkeit sich durch eine Meinung offenbart, die sie zu einer bestimmten Situation äussert, nein, sie beschreibt sich ganz einfach selbst. Es wirkt unnatürlich und forciert, und ist ganz einfach schlechter Stil.
Ähnlich plumpe Dialoge findet man immer wieder, sehr schön auch zu sehn am Elfen Fenris, der keine Gelegenheit auslässt, den anderen sein schweres Schicksal auf die Nase zu binden.
Oh, ging es in diesem Absatz nicht eigentlich darum, was Dragon Age 2 beliebt macht? Im Endeffekt zeigt sich der übertrieben hohe Wert, der auf die Zugänglichkeit des Spiels gelegt wurde, eben auch in den Charakteren und Dialogen selbst. Anstatt sich mit den Figuren vertraut zu machen und sie anhand ihrer Handlungen kennen zu lernen, bekommt man direkt mitgeteilt in welche Schublade man jemanden zu stecken hat, und aus dieser wird die Figur auch im Verlauf des Spiels nicht heraus kommen.
Und wie zuvor muss ich hier sagen, dass ich mich über diese Dinge nur deswegen so ausführlich auslasse, weil bei Dragon Age 2 eben einfach kaum Gameplay vorhanden ist, sondern der Fokus offenbar auf diesen Dingen, wie z.B. Dialogen, liegt. Wo Computerspiele in solchen Bereichen sonst vielleicht ein wenig Narrenfreiheit genießen, spielt sich Bioware immer wieder zum großen Geschichtenerzähler auf, und man liest ohne Ende Lob über die tollen und tiefgründigen Begleiter, wenn es tatsächlich zu großen Teilen in Sachen Dialoge nichtmal herankommt an eine Folge der Pedo Gummibärenbande.

Abgesehn vom Bärenkopf ein offizieller Screenshot.


Zusammenfassend kann ich also sagen, dass das Spiel die nette Fassade eines unterhaltsamen Fantasy Hack & Slay aufbaut, jedoch dahinter kaum Inhalt besitzt, weder was das Kampfsystem angeht, noch die Quests, Story oder die Begleiter. Wem es einfach nur genug ist in einer Fantasywelt "abzurocken" und als unantastbarerer Held durch die Computerspielversion eines Hollywood Popcornfilms zu ziehn, der kann wohl zugreifen, denn das und nix anderes bekommt man bei Dragon Age 2 geboten. Der Werbeslogan "Rise to power" trifft es exakt. Es macht immer eine gewisse Freude, spätestens am Ende eines Spiels mal so richtig auf den Putz zu hauen und Dragon Age 2 baut darauf auf, dem Spieler dieses Erlebnis so oft wie möglich zu liefern, wenn Hawke mal wieder wahlweise entweder den Ton angibt, oder einen lässigen oder heldenhaften Spruch loslässt, mittem im Angesicht der größten Gefahr (siehe Dialograd)
Leider haut Hawke dabei aber auch nicht so auf den Putz wie Shepard in Mass Effect 2, was auch diesen Aspekt des Spiels ein wenig blass wirken lässt.

Anstatt jetzt noch auf die tausenden Kleinigkeiten einzugehen die das Gesamtbild weiter nach unten ziehn, wie z.B. das Fehlen angemessener Umgebungsgeräusche, so dass die Stadt noch leerer wirkt, oder die unerklärliche Tatsache, dass es unmöglich ist einen Feuerball auf Gegner zu zaubern die mich noch nicht bemerkt haben, weil dann der "Kampf Modus" noch nicht an ist und ich keine Zauber benutzen kann, ja anstatt auf den ganzen Details jetzt noch weiter rumzureiten, hier einfach noch ein geiles awesome und obszön großes, animiertes Gif, das zeigt wie awesome dRaGon aGe Z wirklich ist:

Triple A! Es ist nur eine Frage der Zeit bis zum Dragon Age Anime!

11 Kommentare:

  1. Du hast vermutlich 100% Recht, ich werd es mir aber dennoch mal besorgen und selbst gucken. Wenn DA2 jetzt erfolgreicher als Origins wird, dann ist wohl Hopfen und Malz endgültig verloren. Da kann man nur hoffen das Witcher 2 hält was es verspricht.

    "deswegen ist der Keller voll mit Sklavenhändlern und die werden per Rechtsklick gemetzelt, Ende der Geschichte."
    So wahr. Gehört eigtl. schon zum Standardreportoire und findet man selbst bei guten RPG viel zu oft. Es ist eine reine Zeitschinderei um den Leuten mehr Inhalt vorzugauckeln als da ist. Hauptsache auf der Packung stehen 100h Spielzeit.

    Was habe ich für schöne von Spielern erstellte kleine Mods für Neverwinter gespielt, in denen nicht ein einziges Monster getötet werden musste und dennoch wurde ich besser unterhalten als im Hauptspiel.

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  2. Erste Sahne, ich danke dir! Wenn ich irgendwann nächstes Jahr wieder in Japan bin, geb ich dir ein Bier aus :D Bei "Solche Zeilen könnten direkt aus der Feder einer 14 jährigen Naruto Fanfiction Autorin stammen, hnggg..." zerriss es mir die Lachmuskeln.

    Die anfänglichen Vergleiche mit BG2 waren sehr gut ausgewählt. Damals habe ich bei vielen Dialogen oft mit mir gehadert, welche Antwort ich jetzt gebe und diese mehrmals durchgelesen, um den Gesprächspartner in die richtige Richtung zu lenken. Beim Test zu DA2 war's letztendlich egal...

    Probleme mit den Gegnern hatte ich nie. Nur beim Chef der Arishok (kein Plan mehr wie der heißt, schon verdrängt) musste ich oft neu laden. Dort hat man auch gut gemerkt, dass das Spiel kaputte Hit Boxen hat. Selbst wenn der Gegner zum Schlag ausholt und man schon fünf Meter weiter weg steht, wird man noch getroffen. Nur weil das Spiel es in seiner Funktionsweise so festlegt.

    Nun ja, lange Rede, kurzer Sinn. Tolles Review und genau der Verriss, den ich mir vorgestellt habe. Mache weiter so.

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  3. Das ist ja dann doch ein wenig mehr geworden. Dein Testbericht beruhigt mich aber, denn ich habe durch den nicht-Kauf anscheinend tatsächlich nichts verpasst. Da ist es doch schön, wenn man Origins als letztes gespielt hat und so positive Gedanken mit dem Titel Dragon Age verbindet. Es ist echt schade drum...

    Gruß Twaldigas

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  4. Top Review. Ich bin ja immer relativ lesefaul, vor allem, wenn es keine oder kaum Bilder gibt. Aber hier weiß ich, dass ich Qualität erwarten kann. Hatte mich nie wirklich zu DA2 informiert. Hätte es mir vielleicht sogar mal geholt. Aber dank dir spare ich mir das Geld.
    Verrisse wie der hier müssten eigentlich in Magazine kommen. Gerade Bioware spiele werden ja enorm gehyped finde ich. Wär schön denen mal richtig einen reinzudrücken^^

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  5. "Wenn DA2 jetzt erfolgreicher als Origins wird, dann ist wohl Hopfen und Malz endgültig verloren. Da kann man nur hoffen das Witcher 2 hält was es verspricht."

    Bisher hat es ja einen guten Start hingelegt. Ist eben zugänglicher und verkauft sich vermutlich langfristig auch besser. *seufz*
    Bei The Witcher schau ich mir gerade Teil 1 einmal an. Sieht eigentlich bisher ganz nett aus.

    "So wahr. Gehört eigtl. schon zum Standardreportoire und findet man selbst bei guten RPG viel zu oft. Es ist eine reine Zeitschinderei um den Leuten mehr Inhalt vorzugauckeln als da ist. Hauptsache auf der Packung stehen 100h Spielzeit."

    Kommt halt glaube ich drauf an ob diese Füllkämpfe geschickt eingearbeitet sind, oder drangeklebt wirken. =)

    "Wenn ich irgendwann nächstes Jahr wieder in Japan bin, geb ich dir ein Bier aus :D"

    Ich werd drauf zurückkommen. =P

    "Dein Testbericht beruhigt mich aber, denn ich habe durch den nicht-Kauf anscheinend tatsächlich nichts verpasst."

    Wenn du dir Sorgen machst etwas verpasst zu haben, kannst du dir einfach die Zwischensequenzen oder ein Let's Play auf Youtube anschauen. Da man als Spieler eh nicht viel selbst macht, unterscheidet sich das kaum vom echten Spiel. >:D

    "Verrisse wie der hier müssten eigentlich in Magazine kommen. Gerade Bioware spiele werden ja enorm gehyped finde ich. Wär schön denen mal richtig einen reinzudrücken^^ "

    Dann hieße es aber "Mindestens 85%, sonst keine Rezensionsexemplare mehr!" oder so. =P
    Ich frage mich aber auch, wieso so viele Tests solche Dinge wie die monotonen Dungeons nicht stärker kritisieren und dann auch entsprechend die Endwertung senken. Irgendwie legen viele so viel Wert auf die Qualität des "cinematischen Erlebnisses" und garnicht auf das Spielen an sich. =/

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  6. Du solltest Dir überlegen, Deine Artikel auch parallel bei GameZone zu veröffentlichen. Tolle Arbeit...

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  7. Daran hatte ich auch schon gedacht, hehe. 2 Stück sind da ja schon, aber die sind von der Form her irgendwie passender. Hmm, schaden kann es auch nicht.
    Mein ellenlanger Hass-Schrieb zu Oblivion...

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  8. Tolles Review. Auch wenn mir der erste Teil schon nicht gefallen hat, welchen ich mal kurz bei einem Freund gespielt habe, hat es Spaß gemacht, das hier zu lesen^^ Gut zu wissen, dass ich diesen Teil hier auch getrost ignorieren kann.

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  9. Frohe Ostern!

    *etwas off-topic, aber ich war gerade zufällig hier und dachte ich bin mal nett ;) Feierst du Ostern eigentlich? Eher nich oder?

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  10. Danke, frohe Ostern ebenfalls. Eigentlich feier ich es nicht, nein. =P Ich hätte nichtmal gemerkt, dass Ostern ist wenn ich nicht hier und da schon die Ostergrüße gelesen hätte.

    Man sollte in Japan eigentlich auch Ostern einfach mal so einführen. Ich wette wenn ich das irgendwelchen Süßkramherstellern unterbreiten würde, wären alle hellauf begeistert. Weil wenn dann überall in den Geschäften plötzlich steht "Es ist Ostern, ihr müsst jetzt Schokoladeneier kaufen!!" dann machen das die Leute natürlich auch, weil an Ostern macht man das eben so.

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  11. "An einer Stelle zum Beispiel, auf die Frage ob ich einen Auftrag annehmen wollte, wähle ich im Dialograd "Depends on the kind of work". Hawke interpretiert dies dann als ein "Just tell me already!""

    Oh ja! Ein tolles Beispiel auch dafür, dass oft genug die Äußerungen von Hawke gar nicht länger sind als die Umschreibungen im Dialograd, dass dann im Dialograd aber trotzdem komplett anderes steht als er dann sagt. Warum? Es hätte auch die tatsächliche Aussage ins Rad gepasst! Arggh!

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