21.09.2011

Online Shooter in Japan / Toy Wars

Die Texte zu Shootern häufen sich, aber für andere Spiele ist in letzter Zeit meine Aufmerksamkeitsspanne zu kurz.


Vor einiger Zeit hatte ich mal etwas zum Thema PC Spiele in Japan geschrieben, genaugenommen zu deren Lizensierung. Nochmal "in einer Nussschale": Die meisten Spiele erscheinen in Japan nicht offiziell für den PC. Obwohl das Land sicher eine Menge tolle Spiele hervorgebracht hat, sitzt man als Fan von PC Spielen in Japan sozusagen auf dem Trockenen. Während Konsolenspiele praktisch in jedem Supermarkt verkauft werden, findet man PC Spiele nichtmal im Computerfachhandel. Oder zumindest nicht das, was ich mir darunter vorstelle - irgendwelche Ecchi Visual Novels können die sich sonstwo hinstecken
Allerdings muss ich meine Aussage in dem älteren Eintrag bezüglich Quake Live korrigieren: Es gibt in der Tat hin und wieder einige Leute in den japanischen Spielen. Und wenn nicht, dann lassen sich auch koreanische Server ganz gut nutzen.
Dass es bei meinem ersten Versuch mit Quake Live nicht so recht klappen wollte mag auch daran gelegen haben, dass ich damals zuerst 10 Spiele gegen Bots gemacht hatte, damit das System mein Können einschätzen konnte. Wenn man dann nicht mehr als "Rookie" gilt, kann es wohl sein, dass man in einige der Spiele nicht mehr herein kommt.
Aber auch zu guten Zeiten, später Nachmittag und Abends am Wochenende, ist die Anzahl der Spieler bei Quake Live eher ernüchternd. Dann gibt es da natürlich die 2-3 koreanischen Spiele, die vom Serverbrowser für mich als "More challenging" gekennzeichnet werden, d.h. die anderen Spieler wischen den Boden auf mit mir, oder dem was nach der Begegnung noch von mir übrig ist. Quake 3 ist eben kein Zuckerschlecken für Noobs.

Ein bisschen anders sieht es da schon mit Team Fortress 2 aus. Zu TF2 an sich muss ich denke ich nichts mehr sagen. Wer es noch nicht ausprobiert hat sollte das schleunigst nachholen, jetzt wo es F2P ist sowieso. Das Spiel macht einfach einen riesen Spaß, Punkt aus.
In Japan verbreitet ist TF2 wahrscheinlich auch erst, seit der Free to Play Sache, da die Orange Box in der PC Fassung vermutlich ebenfalls nicht hier erschienen ist. Aber wie dem auch sei, gibt es nun eine ganze Menge japanischer Server und Spieler, und wenn doch mal nichts zu finden sein sollte, auch genügend koreanische Server mit einem Ping von 50ms oder weniger. Dort ist freilich alles auf koreanisch, d.h. ich verstehe kein Wort und komme schon in's Schleudern wenn ich einen im Voicechat permanent singenden Koreaner muten will. Dann muss ich mir erst kurz einprägen wie die Zeichen für seinen Namen eigentlich genau aussehn, damit ich ihn in der Liste wiederfinde.
Ja, die Koreaner sind schon gesprächig, auch wenn ich nicht weiß ob die Leute da ständig Taktiken und Teamwork besprechen, oder sich nur gegenseitig zuflamen. Es klingt jedenfalls eher nach ersterem.
Ganz anders sind da die Japaner: Hier schreibt und sagt eigentlich kaum mal jemand ein Wort.
Teamwork muss sich somit natürlich aus der Situation und aus Aufmerksamkeit heraus ergeben, aber angenehmer als wilde Flamerei und Rumkommandieren ist es auf jeden Fall. Ich weiß nicht ob manche der Leute dann nicht eventuell doch mal mit Schaum vorm Mund vor dem Monitor sitzen weil sie so "abragen", aber falls sie es tun, lassen sie es sich nicht anmerken. Mir gefällt jedenfalls die Vorstellung, dass die Leute alle ganz entspannt dasitzen und einfach nur Spaß haben.

Übrigens, wer sich noch an den kleinen Eintrag im Februar diesen Jahres erinnert, der wird vielleicht auf diesem Bild hier jemanden wieder erkennen:

"KÖNNEN sie es?!"
Ich habe nämlich extra ein Spray von Herrn Morita gebastelt und ich sag es ganz ehrlich: Jedes mal wenn ich das irgendwo an die Wand male lieg ich danach vor Lachen fast unterm Tisch. (Ist doch schön, wenn man sich selbst so leicht unterhalten kann...)
Aus "hittakuri tahatsu" wurde natürlich "supai (=Spy) tahatsu" ein häufiges Auftauchen von Spionen. Der nachdrückliche Hinweis, dass das Bewahren von Sicherheit und Wohlgefühl an uns liegt, ist aber ganz im Original belassen, und die unverkennbare Geste und Mine von Herrn Morita natürlich auch. Hier nochmal ganz direkt zum abspeichern und weiterverwenden als TF2 Spray, damit niemand neidisch sein muss:
”あなたです。アナタです!!
Vielleicht können viele Leute auf den europäischen Servern nicht lesen was da geschrieben steht, aber wenn sie Herrn Morita in die Augen schauen, und auf die Hand, dann werden sie wissen was gemeint ist. Hmm, okay. Genug der Blödeleien.



Ein anderer F2P Shooter, und vielleicht der mit der größten Userzahl in Japan ist "Toy Wars", das in Europa als "Microvolts" bekannt sein dürfte. Ursprünglich wurde das Spiel glaube ich in Taiwan entwickelt und hatte dort den vielsagenden Namen "H.A.V.E. Online". Dahinter könnte sich theoretisch alles verbergen. Toy Wars trifft es da schon viel besser, denn die Spielfiguren sind allesamt kleine Plastikfigürchen, und die Levels in denen man sich bekämpft oft übergroße (aus der Perspektive der Spieler) Versionen von Alltagsräumen, ein Picknicktisch, eine Küche und ähnliches.
Vom Grafikstil her ist das ganze zum einen an TF2 angelehnt, zum anderen aber auch stark von Anime beeinflusst, was sicherlich auch ein Grund für die Beliebtheit in Japan ist. Auch ein typisches Schulmädchen ist unter den wählbaren Charakteren vertreten, was der Aufmerksamkeit unter Otakus sicher zugute kommen dürfte.



Auch wenn es zum Teil sehr kitschig aussieht: Gameplaytechnisch ist das ganze echt nicht zu unterschätzen und überraschend gut ausbalanciert.
Anders als in den meisten Shootern startet man hier nicht nur mit einer Standardwaffe oder einem klassenbasierten "Loadout", sondern mit dem ganzen Arsenal das das Spiel zu bieten hat. Die Waffen sind dabei alle sehr situationsbedingt einzusetzen, und deren Wechseln ein Kernbestandteil der Spielmechanik; inaktive Waffen werden automatisch nachgeladen, während man mit einer anderen Waffe weiter ballert. Man kann also jederzeit schnell zum Snipergewehr wechseln wenn man einen Gegner in der Ferne sieht, mit Granaten oder Raketen um Ecken schießen, oder im Nahkampf zur Shotgun oder extrem starken Meleewaffe greifen. Dann gibt es eine Gatling gun, die 1-2 Sekunden braucht um "hochzufahren" und dann alles niedermäht was es wagt im Schussfeld zu stehen. Ähnlich wie bei TF2 haben Shotgun und Raketenwerfer zum Beispiel nur bis zu 3 Schuss im Magazin, danach sollte man kurz wechseln und nach 2 Sekunden ist die Waffe automatisch nachgeladen. Als fortgeschrittene Taktik verkürzt zudem ein Waffenwechsel die Zeit bis zum nächsten Schuss, was schnelles Wechseln noch attraktiver macht. Es ist also nicht alles bei TF abgeschaut, auch wenn schon recht deutlich wird wo die Inspiration her kommt.
Einziger großer Nerv Faktor ist (neben den Stimmen einiger Charaktere), dass in vielen Spielen die Levels oft bis zum Rand mit Spielern gefüllt sind, sind von denen jeder auch mit einem Granatenwerfer startet. Bei einem Team Deathmatch (was die meisten Leute spielen) entwickelt sich das Ganze schnell zu einem elenden Stellungskrieg, bei dem das Mittelfeld ständig von beiden Seiten mit Granaten "vollgespammt" wird. Die Levels bieten auch alternative Wege, aber der ständige Granatenspam, um den Gegner mit Glück zu erwischen, geht schon auf den Wecker. Abhilfe lässt sich am besten schaffen indem man ein eigenes Spiel eröffnet, normales Deathmatch mit mittlerer Spieleranzahl, auch wenn man dann natürlich warten muss bis es sich mit Spielern füllt.

Das F2P, bzw. Micropayment Modell ist hier ein gutes Stück agressiver umgesetzt als beim valve'schen Team Fortress 2.
Während man bei letzterem alle Items die sich auf's Kampfgeschehen auswirken auch per Random Drop oder Crafting erlangen kann, bzw. die Standardausrüstung ohnehin meist die sinvollste ist, geht Toy Wars andere Wege: Ähnlich wie in einem RPG gibt es eine Reihe von Slots, die mit Items belegt werden können, welche HP Boni oder andere Vorteile geben. Auch die zusätzlichen Waffen sind hier keine "Sidegrades", die andere Funktionen erfüllen, sondern direkte Upgrades mit mehr Feuerkraft und Geschwindigkeit. Dazu kommt noch, dass man, da man seinen Charakter ja ständig sieht, einen stärkeren Anreiz dazu hat die Figur mit irgendwelchen optisch netten Accessories auszurüsten.
Erlangt werden Items in einem Shop mit je einer von zwei Währungen. Die eine bekommt man durch Punkte im Spiel, Frags und Siege, und die andere kauft man von echtem Geld. Dabei sind natürlich die Items die es für echtes Geld gibt immer ein klein wenig besser und exklusiver, wenn auch nur ein bisschen. Darüber hinaus hält ein gekauftes Item, egal mit welcher Währung, nicht ewig, sondern höchstens eine Woche. Solang man aktiv spielt und jeden Tag einige Punkte macht, hat man die Woche darauf wieder genügend Ingame Geld um sich neue Items zu kaufen. Setzt man jedoch mal aus oder spielt nicht so viel, dann sind nach einer Woche die Items wieder weg und man steht mit der Standardausrüstung da - ein gutes Stückchen schwächer als die restlichen Spieler, und nicht genug Ingame Geld um neue Sachen zu kaufen. Das Erzielen von Punkten, um neue Items holen zu können, ist dann natürlich auch etwas schwerer.
Das Spiel ist also deutlich stärker als TF2 darauf getrimmt, den Spieler zum Kaufen zu animieren. Verständlich allerdings, wenn man die Hintergründe bedenkt - schliesslich war TF2 nicht immer kostenlos und ist nun für Valve auch ein Instrument zur Promotion innerhalb von Steam, mit den ganzen Hüten und Waffen bei Preorders, blabla...
Bei Toy Wars jedenfalls, wenn man mal eine Woche Pause gemacht hat, kann man genausogut gleich einen neuen Account erstellen. Dann regnet es in den ersten Spielen nämlich erstmal wieder Achievements, welche auch Punkte geben, und direkt hat man wieder die Möglichkeit sich eine Ausrüstung zu holen die man möchte.

9 Kommentare:

  1. Irgendwelche Vermutungen warum PC Spiele in Japan so unpopulär sind? Hätte auch nicht gedacht das Korea in der Hinsicht anders ist, es liegt ja quasi um die Ecke und hat doch einen viel kleineren Markt. Sind die Konsolenversionen westlicher Spiele populärer?

    Zum Quake Tier System muss man schon sagen dass haben sie echt gut hinbekommen. Eins drüber oder drunter merkt man sofort.

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  2. Ich könnt eigentlich nur raten. Eventuell haben Konsolen die Computer als Spielemaschinen einfach verdrängt. Immerhin kamen die ganzen Teile ja zuerst in Japan auf den Markt und haben sich auch sehr gut verkauft.
    z.B. mal die Zahlen für die PSX: http://www.scei.co.jp/corporate/data/bizdataps_e.html
    Erst Ende 97 sind die USA bei den Verkaufszahlen gleichgezogen.

    Dann springen natürlich die japanischen Spielehersteller mit auf den Zug und für andere Systeme bleibt kaum noch etwas übrig.

    Konsolenversionen westlicher Spiele gibt's jedenfalls auch überall zu kaufen und werden auch beworben auf Zeitschriften etc.

    Wegen Korea, hm. Ich hab mich ja auch immer gefragt wieso Starcraft dort so beliebt ist. Die beste Antwort die ich gefunden hab ist, dass es zu einem günstigen Zeitpunkt erschien, als das Internet gerade bei den Ottonormalverbrauchern beliebt geworden ist. Vielleicht hat das den PC Spielen dort ja einen Schub gegeben. Mit Konsolen und Internet war ja zu der Zeit noch nicht so viel. Ob die Verkaufszahlen das aber so bestätigen...?

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  3. Aufmerksamkeitsspanne - schönes Wort.

    Bei mir ist sie immer häufiger zu kurz und das Zocken von Shootern ist die einzige Beschäftigung, zur der die kognitiven Fähigkeiten dann noch reichen.

    Eigentlich recht traurig, allein wenn ich daran denke, wieviel Zeit ich mit Sim City, Civ, Anno, Populous verbrachte. Eine Schande. Und wahrscheinlich werde ich irgendwann gar nicht mehr zocken.

    Mmh, da hilft nur eins: Aufhören zu arbeiten, hatte sowieso keine Lust mehr.

    ps. R.E.M. haben sich heute aufgelöst. Schade.

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  4. 06:33:00 ???
    Es war erst 23:33, als ich das postete

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  5. "Eigentlich recht traurig, allein wenn ich daran denke, wieviel Zeit ich mit Sim City, Civ, Anno, Populous verbrachte. Eine Schande."

    In der Tat. Wobei, mich mal wieder in Xcom zu vertiefen reizt es mich letzthin schon. =)
    Oder nochmal das alte Syndicate, bevor das auch zum Shooter wird.

    "06:33:00 ???
    Es war erst 23:33, als ich das postete "

    Vermutlich nimmt das Blog die japanische Uhrzeit. Sind nämlich genau 7 Stunden, der Zeitunterschied zwischen Deutschland und Japan.

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  6. Hatte Microvolts mal auf der Gamescom damals angezockt. War nicht schlecht. Hab direkt gut gepunktet. Solider Multiplayer Shooter. Aber Nichts jetzt so wahnsinnig besonderes fand ich.
    Finde es cool, wenn man upgrades und so kaufen kann, aber ich würde es selbst nie machen und ich kann mich auch nie so sehr auf ein Spiel festlegen und dranbleiben, dass ich die Upgrades aufrecht erhalten könnte. Dann wäre ständig alles weg und ich wäre dauerhaft unterlegen. Das wirkt sich dann auf den Spielspaß aus und am Ende zocke ich dass dann gar nicht mehr. Eigene Server sind dann schon besser, aber ich finde es gibt so viele Shooter.. CS is immernoch top, dann die 20mio CoD Games, Battlefield, Und praktisch die Multiplayer Modi von jedem normalem Shooter.. Da braucht man keine Extra MP-Only Games mehr finde ich

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  7. Warum nimmt Dein Blog die japanische Uhrzeit, er ist doch nicht dort gehostet? Oder ist das ein Feature...oder postet Du etwas gerade aus J?

    XCom kenne ich gar nicht, beim Googlen kam ich allerdings auf eine Seite von 2K. Isses das?

    Syndicate von Frogster fand ich auch cool, da konnte man Menschen in Flammen setzen(...). Da gab es mal eine Demo mit der PCGames zusammen, in der man ein Level spielen konnte. Wie wir uns darum rissen. Mittlerweile weiß ich noch nicht mal, ob auf den Beilegern solcher Wurstblätter nur noch Trailer drauf sind oder man sich sowieso alles aus dem Netz herunterladen muss.

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  8. Bei Formatierung ist die Zeitzone auf Tokyo gestellt gewesen. Habe es nun mal umgeändert, da die meisten Leser wohl in Deutschland sitzen dürften.

    Ich denke mal du meinst eher "Bullfrog" und nicht "Frogster", kann das sein? =P
    Die Demo hab ich aber auch bis zum abwinken gespielt. Immer wieder die halbe Stadt mit dem Persuadertron zur Gefolgschaft machen, und dann mit irgendeinem Gebäude in die Luft sprengen.

    Das Xcom von 2k ist eben die neue Variante, wie bei Syndicate auch zum Shooter umfunktioniert. Das Original ist von Microprose, ein Runden-Strategiespiel.

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  9. "Da braucht man keine Extra MP-Only Games mehr finde ich "

    Im Grunde ähneln sich die Multiplayer Spiele ja eh sehr stark. Obwohl mit CS, CoD und so kann ich überhaupt nichts anfangen, TF2 macht hingegen doch eine Menge Spaß.
    Aber irgendwann, wenn man alle Maps nicht mehr sehn kann, sucht man vielleicht mal was anderes. Gerade bei solchen kostenlosen Spielen ist es auch immer mal nett in was neues reinzuschauen und zu gucken was da wieder anders ist, wie die Levels gemacht sind usw.
    Finde ich zumindest. =)

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