01.03.2011

Bulletstorm

Von Bulletstorm war ich zugleich positiv und negativ überrascht. Hier mal ein paar Gedanken zum Spiel, man könnte es auch "Review" nennen.


Was ich nicht erwartet hatte, waren die durchaus gut gemachten Charaktere, und die ansprechend erzählte Handlung. Ok, Leute die das Spiel schon gespielt haben werden jetzt wahrscheinlich fragen wollen "Welche Handlung!?" und ich gebe zu, dass die Story nicht gerade umfangreich oder mit vielen Wendungen behaftet ist.
In den ersten Minuten war sogar alles so gräßlich gemacht, dass ich mir nur an den Kopf fassen konnte.
Die Vorgeschichte wird dem Spieler mittels einer Rückblende erzählt, in der es darum geht einen Auftragsmord auszuführen. Nach getaner Arbeit entdeckt das Team um Hauptperson Gray aber dann auf dem Computer des Opfers Informationen darüber, dass deren bis dahin ausgeführte Morde eigentlich alle unschuldige Opfer waren. Also die Helden (allesamt Auftragskiller) haben die ganze Zeit Unschuldige getötet, wussten es aber nicht und dachten sie töten nur "die Bösen", was ja vollkommen okay gewesen wäre.
Angesichts der neuen Erkenntnisse konfrontiert Gray seinen Vorgesetzten, der ihn lediglich auslacht und verspottet, woraufhin Gray Rache schwört.
Jahre später ist Gray ein Trunkenbold geworden und zusammen mit seinem, nun abtrünnig gewordenen, Team dabei sich Rachepläne einfallen zu lassen und ihren ehemaligen Vorgesetzten zur Strecke zu bringen.
Das alles erfährt man einfach so schwupp-di-wupp. Auch die halbe Crew stirbt schon in der ersten halben Stunde, ohne, dass man überhaupt viel Zeit gehabt hätte sich deren Namen zu merken.

Im folgenden werde ich einiges über die Story verraten, also wer Spoiler vermeiden möchte sollte die nächsten zwei Absätze vielleicht überspringen. Andererseits ist die Story ohnehin alles andere als schwer vorherzusehn, von daher sind ein paar Spoiler auch nicht der große Schocker. Was soll man auch erwarten von einem Spiel, in dem es Bonuspunkte gibt, wenn man einen Gegner erledigt indem man ihm in den Arsch schießt?
Zu Beginn des Spiels stoßen Gray und Co auf das Flagschiff ihres ehemaligen Vorgesetzten und Erzfeindes, General Sarrano und bringen es per Kamikaze Aktion zur Bruchlandung. Sowohl Sarranos Schiff als auch das von Gray stürzen auf einen ehemaligen Urlaubsplaneten, der nun aber von verrücktgewordenen, äh.. Leuten bewohnt wird die eigentlich nicht viel mit der Story zu tun haben, aber eben als Kanonenfutter herhalten müssen.
Sobald das eigentlich Spiel beginnt lässt Bulletstorm zum Glück die seltsame Ernsthaftigtkeit des Prologs zurück und fängt an recht lustig zu werden. Der einzige Überlebende von Grays Crew, ein Mann namens Ishi, war so schwer verletzt, dass große Teile seines Körpers und auch seines Gehirns durch Cyborgkomponenten ersetzt werden mussten. Nun ringt er ständig mit der KI um die Kontrolle seines Körpers und muss sich beherrschen Gray nicht an die Gurgel zu gehn. Die KI stuft nämlich das Entkommen vom Planeten als höchste Priorität ein, während Gray, koste es was es wolle, Sarrano zur Strecke bringen will. Der hat den Absturz natürlich auch überlebt und wartet nun auf ein Evakuierungsschiff seiner Armee, welches allerdings sofort kehrt machen würde, sollte sein Lebenszeichen verschwinden. Damit Gray und Ishi eine reelle Chance auf Rettung hätten, müsste Sarrano also am Leben bleiben. Zusätzlich komplizierter wird das ganze dadurch, dass auch noch Trishka auf dem Planeten mit abgestürzt ist, die Tochter des getöteten Journalisten aus der Rückblende, die versessen darauf ist die Mörder ihres Vaters zu finden und zu töten. Das wären natürlich Sarrano und auch Gray selbst, wovon Trishka aber noch nichts weiß.. Trishka steht nun nämlich im Dienste von Sarrano, und ist bei der ersten Begegnung nicht besonders gut auf Gray zu sprechen.

Lange Rede kurzer Sinn: Zwischen den 4 Hauptfiguren ist eine Menge Konfliktpotential vorhanden. Das spiegelt sich auch in den Gesprächen wieder, in denen kaum ein Satz fällt der nicht irgendwelche Genitalien oder Fäkalien oder was auch immer enhält. Trotzdem, und hier war ich wie gesagt positiv überrascht, hat man es geschafft, auch ein gutes Maß an Charakterentwicklung mit herein zu bringen. Im Laufe der Zeit wandelt sich die anfängliche Feindschaft zwischen Gray und Trishka und die Figuren beginnen einander zu vertrauen. Das Schöne daran ist, dass man diesen Vorgang als Spieler, obwohl in dem Spiel sonst eigentlich alles denkbar over-the-top ist, kaum um die Ohren gehauen bekommt. An einer Stelle wenn Gray etwas verunsichert wirkt, und Trishka stichelt ob er Angst hätte, kommt von ihm gleich ein übertriebenes "No! HELL no!!". Später, an einer ähnlichen Stelle meint er dagegen dann, dass er nicht zu stolz sei um zuzugeben, sich auch vor etwas zu fürchten. Solche Dialoge laufen zudem während dem Spiel ab, unterbrechen also nicht das eigentliche Gameplay nur um uns irgendwas über die Charaktere zu erzählen. (*hust* Bioware *hust*)
Irgendwie hat es den Anschein als habe man es hier vollbracht, gerade weil man nie den Fokus darauf gelegt hat ein Spiel zu machen das von seiner Handlung lebt, Figuren zu erschaffen die zwar nicht besonders tiefgründig sind, aber auf jeden Fall sehr lebendig wirken, was mehr ist als man von einem Großteil der anderen Spielcharaktere sagen kann. Ich denke da z.B. an Jim Raynor, jüngst in Starcraft 2, der trotz ausufernder Dialoge als Charakter flacher bleibt als sein Gegenstück aus Starcraft 1.
Vielleicht hängt es in Bulletstorm auch gerade damit zusammen, dass man sich nicht zu fein war die eigenen Charaktere des öfteren mal in's Lächerliche zu ziehn, aber gerade das macht sie auch irgendwie wieder liebenswert.
So oder so, geben die ständigen Sticheleien dem Spiel einen ganz eigenen Unterhaltungsfaktor, ganz zu schweigen von den ganzen albernen Kommentaren des Hauptcharakters, der echt ein ziemliches Plappermaul ist.

Der Rest des Spiels ist eigentlich sehr solide gemacht. Zwar hätte es für meinen Geschmack mehr Waffen geben dürfen, aber die vorhandenen Tötungsmaschinen bieten auf jeden Fall mehr Abwechslung als die meisten Arsenale anderer Shooter der letzten Zeit. Da wären zum Beispiel Waffen wie die "Flail Gun", die ferngezündete Bomben verschießt, welche sich um die Gegner wickeln und diese zugleich lahmlegen. Mit einem Tritt kann man den Feind dann in die Reihen seiner Freunde befördern und die Bombe fernzünden, um gleich eine ganze Horde von Gegnern auszuschalten. Dass kreatives Töten bei Bulletstorm im Vordergrund steht, hat man in den Trailern ja bereits deutlich klargemacht bekommen.
In der Tat schafft es das Spiel bis zum Ende, immer mal wieder Abwechslungen einzubringen, wie eine neue Sorte von Gegner, eine neue Waffe, oder einen Zwischenboss. Die Level sind optisch auch recht nett gemacht, immerhin spielt das ganze auf einem ehemaligen Urlaubsplaneten. Es ist also nicht alles grau-braun sondern durchaus auch mal sehr farbenfroh, und in einigen Abschnitten gibt es auch ganz hübsche Architektur zu bestaunen.
Ich denke die Trailer versprechen nicht zu viel in Sachen Abwechslung oder lustiger Momente, denn davon hat das Spiel echt eine Menge.
Die Musikuntermalung setzt erfrischenderweise einmal nicht gänzlich auf orchestrale Epik sondern bietet auch viel Rockmusik.

Eigentlich mein einziger, aber durchaus schwerwiegender Kritikpunkt am Spiel wäre die Umsetzung von der Konsole auf den PC. Bis auf die Tatsache, dass man Bulletstorm an einem PC spielen kann, hat man es hier nämlich mit einem Konsolenspiel zu tun.
Am deutlichsten zeigt sich das im Schwierigkeitsgrad, der auf die Steuerung mit dem Gamepad ausgelegt ist. Gegner stehen oft still oder schaffen es nicht richtig in Deckung zu gehen, und laden somit zum Headshot ein. Die "Laserpeitsche" mit der man Objekte zu sich heran ziehn kann ist zwar spaßig, oft aber auch einfach zu mächtig. Gegner lassen sich damit einfach aus ihrer Deckung hervorziehen, und als ob das noch nicht genug wäre, wirkt auf die in der Luft segelnden Feinde dann soetwas wie ein lokaler Zeitlupeneffekt, d.h. sie verharren eine Weile fast völlig still und wehrlos an einer Stelle, während der Spieler Zeit bekommt gemütlich mit dem Revolver anzulegen oder andere Dinge anzustellen. Wen man mit der Peitsche erwischt ist also bereits so gut wie tot, und nur wenige Gegner sind gegen den Effekt immun. Ähnliches gilt für den Tritt, der den Gegner ebenfalls in Zeitlupe versetzt. Auch wenn der Effekt hin und wieder ganz nett ist, nimmt er leider ein wenig das Tempo aus dem Spiel und macht die Dinge zu leicht. Schöner wäre es, wenn der Zeitlupeneffekt nur begrenzt einsetzbar gewesen wäre.
Das "Töten mit der Spielumgebung" ist auch sehr spaßig, an einigen Stellen wurde es jedoch mit den Gefahrenquellen übertrieben, und man hat das Gefühl das jeder gekickte Gegner in irgendwelche Stacheln, ein Loch, ein Hochspannungskabel oder sonstwas fliegt.
Das Snipergewehr gibt zudem beim Abfeuern sowohl einen Bullet Time Effekt, als auch die Möglichkeit das Projektil in's Ziel zu lenken, was ein verfehlen praktisch unmöglich macht. Die Minibosse, gepanzerte Kerle mit Gatling Kanonen und anderen schweren Waffen, lassen sich so auch problemlos ausschalten, da man auch aus wenigen Metern Entfernung schnell mit dem Snipergewehr einige Kugeln an deren Schwachpunkte lenken kann.

Auch sehr schludrig gemacht ist mal wieder die Anpassung des Interface. Im Waffenmenü kann ich auswählen zwischen der "linken Waffe" und der "rechten Waffe" jeweils gekennzeichnet mit einem kleinen Pfeil der dem D-Pad eines PS3 Controllers verdächtig ähnlich sieht. Dabei wähle ich die Waffen doch mit den Tasten 1, 2 und 3 aus, also warum kann da nicht stehn "Waffe 2"? Warum passt der Mauszeiger in den Menüs stilistisch nicht zum Rest des Spiels? Warum sagt mir das Spiel ich solle meinen System nicht herunterfahren während das Speichern-Symbol angezeigt wird? Nicht etwa weil die Entwickler Angst hätten ich würde genau in diesem Sekundenbruchteil plötzlich den Stecker ziehn (selbst der Power-Knopf schaltet bei modernen PCs ja nicht mehr auf der Stelle den Strom ab, sondern sorgt dafür, dass Windows alle Programme schliesst und dann herunterfährt), sondern weil man sich einfach keinerlei Mühe dabei gegeben hat, die Dinge abzuändern die auf einem PC keinen Sinn ergeben.
Wer mit dem Gamepad spielt benutzt offenbar den linken Daumen zum Bewegen und zum Auswählen der Waffen, kann also schlecht laufen und währenddessen die Waffe wechseln. Für einen PC Spieler kein Problem, aber Bulletstorm zieht dies nicht in Betracht und gestaltet die PC Version des Spiels deswegen nicht so dynamisch, wie es hätte sein können.
Abgesehn davon leidet Bulletstorm mal wieder unter dem "Amnesie-Syndrom", denn es meint mich ständig daran erinnern zu müssen mit welcher Taste ich Schalter umlege, die Peitsche benutze oder mich Ducke. Nicht nur im Tutorial sondern immer und immer wieder. Selbst wenn man "On Screen Help" im Menü ausschaltet bleiben einige dieser nervigen Hinweise, als müsste man die Spieler nach 3-4 Stunden Spielen noch einmal daran erinnern, mit welcher Taste sie sich ducken können, obwohl sie es schon ein dutzend mal getan haben um bis hierher zu kommen.

Nunja, nichtsdestotrotz ist Bulletstorm ein sehr spaßiger Shooter der mal wieder an Klassiker wie Quake 2 erinnert.

Hier mal noch ein Gameplay Video aus der Mitte des Spiels:

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