14.01.2011

Bioware Romanzen - kein Sinn für Romantik

Hawke beim Vertiefen seiner Beziehung
Kein Bioware Spiel ohne Romanzen. Die Mini-Dating-Sim war seit Baldur's Gate 2 in allen Spielen so unglaublich beliebt, dass es inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, in jedes neue Spiel auch eine Reihe an Charakteren einzubauen die man anbaggern und flachlegen kann. Wobei, therapieren und flachlegen würde es in den meisten Fällen besser treffen. Nicht ganz ohne Grund liegt die Frau in der Karikatur da oben auf einer Couch. (Eine Couch wie beim Psychiater natürlich, nicht wie beim "Flachlegen auf der Couch", ihr Ferkel!)

Für die Spieler scheinen Romanzen wirklich extrem wichtig zu sein. Das merkt man an der Häufigkeit mit der Fragen zu dem Thema in irgendwelchen Foren auftauchen, und auch an der offiziellen Dragon Age 2 FAQ, in der, ich kann es nur immer wieder betonen, die Frage nach den Romanzen an 5. Stelle, direkt hinter den Hardwareanforderungen steht. Allein das ist schon fast ein Grund den Kopf auf die Tastatur zu knallen, denn es zeigt deutlich wo die Schwerpunkte liegen. Bestätigt sieht man das natürlich auch im neusten Dev Diary, in dem auch mal wieder klargestellt wird, dass Dragon Age 2 für jeden Geschmack einen entsprechenden NPC bereitstellt.

Bei so einem Fokus der, in Sachen Marketing und auch von vielen Fans, auf den romantischen Aspekt der Spiele gelegt wird, wundert es mich um so mehr, dass die Beziehungen selbst dann doch nur ganz oberflächlich in's Spiel eingebaut, man könnte fast schon sagen "drangeklebt" sind.
Romanzen führt man in den Spielen weiter durch "Love Talks", und selbst der unsensibelste Spieler merkt sofort, wenn das Spiel von einem normalen Gespräch zum "Love Talk" Modus wechselt. Dann nämlich, wenn die Gespräche plötzlich überhaupt nichts mehr mit dem Rest des Spiels zu tun haben, sondern sich nur noch um die Gefühle und Probleme des gewünschten Partners drehen. Über so Sachen redet man nämlich in Beziehungen, ja ja.
Im Laufe der Zeit werden diese Gespräche immer intimer, und früher oder später wird es dann auch ganz konkret, wenn der entsprechende NPC seine Zuneigung verkündet.
"Verkündet" ist das Stichwort, denn es gibt da eigentlich eine ganz simple, aber dennoch nicht ganz einfach umzusetzende Regel für jegliche Art von Story - auf englisch kommt es besonders knackig rüber als: Show, don't tell!
In einem guten Liebesfilm werden die Gefühle der Figuren den Zuschauern nicht vermittelt, indem sie Dinge sagen wie "Ich beginne langsam eine Zuneigung zu dir zu entwickeln.".
Die Gefühle werden durch die Handlungen der Personen deutlich, und zwar ohne, dass sie direkt ausgesprochen werden müssten. Wenn schliesslich und endlich doch das Ich-liebe-dich fällt, ist dem Zuschauer schon lange klar, was zwischen den beiden Figuren abläuft.
Aber Bioware, die angeblichen Meister des Geschichtenerzählens, versagen dabei auf ganzer Linie. Sie schaffen es nicht die Romanzen mit dem restlichen Geschehen zu verquicken, denn Romanzen werden ausschliesslich in Love Talks fortgeführt, platte Seelsorg-Dialoge, ausserhalb derer man kein Anzeichen einer Beziehung erkennen kann.
So habe ich in Mass Effect 2 meine Beziehung mit Garrus ausschliesslich zwischen den Missionen geführt, wenn ich in sein Kämmerchen gegangen bin und geschaut habe ob es wieder einen neuen Love Talk gibt.
Das hat nichts damit zu tun, dass die Beziehung vor den anderen Figuren geheim gehalten werden müsste oder ähnliches, denn schliesslich gibt vor dem "Finale" dann selbst der Schiffsdoktor Solus noch gut gemeinte Sextipps. Da muss wohl Garrus geplaudert haben, denn sonst war niemals jemand anwesend, und Anzeichen für eine Beziehung jenseits des rein beruflichen bleiben, wie gesagt, im restlichen Spiel völlig aus.

So ist es mit jeder anderen Bioware Beziehung die ich bisher erlebt habe. Es scheint als seien die Romanzen, die ja rein optional sind, völlig seperat zur Haupthandlung entwickelt worden.
Ob Mass Effect, Dragon Age oder die älteren Spiele wie Jade Empire - Love Talks finden fast ausschliesslich im Schiff oder Lager der Gruppe statt, und sind fast immer Gespräche unter vier Augen, in denen der jeweilie NPC ausgiebig über sich und seine Vergangenheit erzählt. Klar, der Spieler hat nicht viel zu erzählen und andere Orientierungs- oder Bezugspunkte als den NPC in Frage gibt es nicht. (D.h. gäbe es theoretisch schon, werden aber nicht verwendet, da anscheind zu aufwändig.) Also hört man sich das ganze Gefasel an und gibt acht immer die Antwort zu wählen mit der man den Gesprächspartner am besten Honig um's Maul schmieren kann, da sonst die Beziehung womöglich noch abbrichen könnte. Letztendlich entsteht dadurch bei mir kaum der Eindruck einer Liebesbeziehung zwischen zwei Personen, sondern ich kann förmlich die Zahnräder im inneren des Spiels sehen, wie die Variable "love_talk#4 occured = true" gesetzt wird.

Natürlich wäre es ein enormer Aufwand, Dialogsequenzen der Haupthandlung so zu schreiben, dass sie den Status der Beziehung mit einbeziehen und auch ändern könnten, vor allem da ja die Reihenfolge der Ereignisse in der Haupthandlung an sich schon nur grob vorgegeben ist.
Irgendwo muss die Sache natürlich rationalisiert werden, aber wäre man bereit sich die Mühe zu machen, dann könnte man gewiss eine Liebesgeschichte entwickeln die sich halbwegs glaubwürdig anfühlt und sich natürlich in den Verlauf der Story eingliedert.
Allerdings wären das dann innere Werte die man nicht zu Marketingzwecken nutzen kann. Dinge, die eine Menge Arbeit bedeuten, aber an den meisten Spielern am Ende doch einfach vorbei gehn. Da ist es doch einfacher man zeigt im Dev Diary eine Frau mit praller Oberweite, die sich auf Hawke stürzt, und verfrachtet im Spiel selbst dann jegliche Elemente dieser Beziehung in linear aufgereihte und vom Spiel größtenteils abgekoppelte Love Talks, die meisten Leute stört es nicht.

5 Kommentare:

  1. Hmmm... eine Marktlücke im Genre? Love/Dating-Sim mit RPG-Anteilen? Ließe sich sowas sinnvoll machen, OHNE am Ende in Kritik übergehen zu müssen, wie lieblos der RPG-Aspekt hingeklatscht worden ist?

    Das Problem ist, wenn sich Genres vermischen, dann kann man es niemandem mehr recht machen. Dann treffen buchstäblich Welten aufeinander.

    Was di1e "too obvious" Love-Talks betrifft: 100% signed! Kam mir auch dann und wann immer zu offensichtlich vor.

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  2. Du bist da vielleicht ein bischen zu hart mit Bioware. Man muss ihnen schon zu gute halten es überhaupt zu probieren. In den meisten anderen Spielen findet man nicht mal soziale Interaktionen. Ein paar Anbagersprüche sind doch meistens schon das höchste der Gefühle. Dieser Aspekt wurde viel zu lange vernachlässigt oder eben nur plump und oberflächlich umgesetzt.

    Und auch wenn ich immer wieder mit DA komme, gerade dort haben sie es denke ich sehr gut hinbekommen. Es gibt z.B. mehrere Routen mit unterschiedlichen Beziehungsstatus(plural). Je nachdem wie man bestimmte Questereignisse wertet entwickeln sich die Begleiter und reagieren bei zukünftigen Situationen dementsprechend.
    [spoiler: http://dragonage.wikia.com/wiki/Leliana%27s_Past#Results ]

    Natürlich hat das auch seine Grenzen, aber diese findet man ebenso bei den herkömlichen Quests und Spielmechaniken. Man bewegt sich bspw. auch nicht in einer offenen Welt sondern wandert nur über den Ladebildschirm von Instanz zu Instanz, aber solchen Vereinfachungen sind eben manchmal nötig und wenn mir dafür so unendliche generische Weiten wie in Oblivion erspart bleiben, dann nehme ich das gern in Kauf.

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  3. @onkl: Du hast schon auch recht. Bioware ist immerhin die einzige Firma die überhaupt optionale Romanzen einbaut, und dem Spieler die Wahl lässt ob er denn überhaupt anbandeln will oder nicht. Das muss man ihnen auch zugute halten. Gut ausgearbeitete Liebesbeziehungen sind allgemein wirklich nicht der starke Punkt der Spieleindustrie.
    Aber darum ist es ja auch Hassliebe für Bioware. =)

    Die Ladebildschirme finde ich überhaupt nicht schlimm, eher im Gegenteil.

    @paladinfenris:
    Ich glaube SMT Persona 4 geht so in die Richtung. Kenn ich aber nur vom Hörensagen, und das Spiel hat glaube ich auch so seine Kritiker.

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  4. Show, dont tell :D
    Da lern ja ich sogar noch was. So plump würde ich sonst nie sein, aber ich glaube hier in England is das genau das richtige. Probier ich mal aus^^

    In DragonAge habe ich mich auch ausführlich mit den Romanzen beschäftigt. Leider etwas zu spät. Es geht nämlich darum, Trophies zu holen. Man konnte es schaffen auch 2 Romanzen zu haben pro Durchlauf. Ich habs aber nch richtig gemacht und dann nur eine Trophy gekriegt. Deswegen ist es besonders wichtig sich vorher gut zu informieren ;)

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  5. Sorry, aber SMT Persona 4 ist definitiv NICHT der RPG-Genre-Mix zwischen RPG und Love-/Dating-Sim.

    Kann übrigens jedem PS2 Besitzer ans Herz legen, sich dieses Spiel zuzulegen. Ist ein sehr spezielles RPG, aber definitiv eines der Besten seiner Zunft. Zusammen mit SMT Persona 3 FES natürlich :-)

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