Ein paar Gedanken zu "Inglorious Basterds" (für Leute, die den Film schon gesehn haben):
Der Film schien oft nicht ganz zu wissen in welche Richtung er gehn sollte. Während die Eröffnungsszene noch spannend und dramatisch war, und es danach aussehn lies, als ob es sich um einen halbwegs ernsthaften 2. Weltkriegsfilm handeln könnte, ging es anschliessend kreuz und quer in alle Richtungen.
Die erste Szene zeigt uns zum Beispiel den SS Offizier Landa und dient zugleich als Vorgeschichte zu Shosanna. Wenn Shosanna später Landa wieder trifft, bestellt er für sie ein Glas Milch, eine Anspielung auf die Milch die er in der Farm zu Anfang getrunken hat, als er und Shosanna zum ersten Mal aufeinander trafen. Es scheint also als ob er sie wiedererkennt, aber absichtlich noch einmal gehn lässt, wie schon in der ersten Szene. Sicher kann man sich dessen aber nicht sein, zumal Landa Shosannas Gesicht in der ersten Szene nicht direkt gesehen hat.
Und dann... wird Shosanna erschossen und Landas Charakter geht in eine völlig andere Richtung.
Wozu also die Andeutungen, wenn alles einfach fallen gelassen wird?
Die Szene gegen Ende, als sich Shosanna und Frederick im Projektorraum des Kinos gegenseitig erschießen war meiner Meinung nach eine Verschwendung von Potential, das die Geschichte noch gehabt hätte. Zumindest hat die Szene Frederick als Charakter vervollständigt, der auf der einen Seite stets nett und harmlos gewirkt hat, auf der anderen Seite aber dafür berühmt war, als einsamer Scharfschütze hunderte von Männern erledigt zu haben. Hier zeigt er dann seine Hartnäckigkeit wenn er die Tür aufstößt, und am Ende den Killerinstinkt, wenn er Shosanna mit letzter Kraft erschießt.
Die titelgebenden "Inglorious Basterds" schienen dabei garnicht im Zentrum der Handlung zu stehn. Tatsächlich hätten ziemlich alle Kernpunkte der Handlung auch stattfinden können, wenn man die Truppe ganz heraus gelassen hätte.
Die Basterds als Charaktere bleiben zudem extrem flach und eindimensional. Am Ende, nachdem das Kino explodiert, weiß man nicht einmal ob die Beiden, die auf den oberen Rängen Hitler und Goebbels erschossen haben, überhaupt noch am Leben sind. Die Sprengladungen im Kinosaal waren dermaßen stark, dass die Explosion zum Fronteingang ausgetreten ist, obwohl das Foyer des Kinos auch nicht gerade klein war. Zum Zeitpunkt der Explosion waren die beiden noch im Saal, also allein davon ausgehend würde ich sagen, sie wurden bei der Explosion getötet. Allerdings haben sie die Ladungen und den Zeitzünder selbst gesetzt, und wären wohlkaum so dumm sich nicht in Sicherheit zu bringen. Der Film scheint aber keine klare Antwort zu geben.
Die Schauspieler: Herausgestochen haben für mich eigentlich nur Christoph Waltz als Landa, der einfach toll war und einen Großteil des Unterhaltungsfaktors ausgemacht hat, und die Schauspielerin der von Hammersmark, die mir ziemlich unnatürlich und aufgesetzt vorkam. Lustig, dass sie im Film gerade eine berühmte Schauspielerin darstellt, selbst aber eine ziemlich schwache Darbietung abliefert.
Ein immer wieder auftauchendes Thema sind Filme selbst. Es werden einige Regisseure und Schauspieler der Zeit genannt, und eine ganze Menge der Charaktere sind Filmkenner oder Liebhaber.
Um so seltsamer erscheint es, dass die Szenen die man gegen Ende von "Stolz der Nation" zu sehen bekommt überhaupt kein bisschen nach einem Film aus den 40ern aussehn. Ich kann mich kaum als Filmkenner bezeichnen, schon garnicht wenn es um die 40er geht, aber derartig schnelle Schnitte und Zooms kommen in Filmen die ich aus der Zeit kenne nicht vor. Das ist natürlich nicht der einzige Anachronismus in Inglorious Basterds, allein wenn man bedenkt, dass Hitler und Konsorten hier am Ende in's Gras beissen.
Warum diese Elemente so gewählt wurden - keine Ahnung. Auch gewundert hat mich die 80s Musik in einer Szene, oder die krakelig eingeblendeten Namen diverser Persönlichkeiten. Irgendwie springt das ganze stilistisch nach Lust und Laune hin und her.
Und wenn wir schon bei alten Filmen sind: Früher wurde oft vieles ruhiger angegangen und die Szenen erscheinen dann imVergleich zu heute sehr gezogen und langatmig. Inglorious Basterds mit seinen zweieinhalb Stunden nimmt sich auch oft ganz schön Zeit für Szenen, die man auch gut hätte kürzer Abhandeln können. Schlecht finde ich das nicht unbedingt, denn die meisten dieser Szenen sind zumindest für sich genommen nett anzuschauen, und es trägt zum Teil zur Atmosphäre bei (obwohl die sich mit fortschreitender Dauer immer wieder schlagartig wandelt). Ob das reicht um einen Film als ganzes gut werden zu lassen, darüber bin ich mir noch nicht ganz sicher. Bei anderen Tarantino Filmen mag das so sein, zum Teil ist es natürlich auch wie immer Geschmacksfrage. Was mir gefallen hat war der Mix aus verschiedenen Sprachen und, dass jeweils auch die tatsächliche Sprache verwendet wurde, nicht wie in anderen Filmen "Eigentlich sprechen sie Französisch... aber wir hören es trotzdem als Englisch". Somit war der Film in etwa zu je einem Drittel in Englisch, Französisch und Deutsch und damit für einen Kenner der 3 Sprachen (Französisch bei mir eigentlich eher schlecht als recht) interessanter als für jemanden, der ständig Untertitel liest.
Trotzdem: Im Endeffekt war ich von Inglorious Basterds nicht besonders beeindruckt. Und ohne Christoph Waltz wäre er wohl ganz durchgefallen.
Ach ja, den Trailer zum Film habe ich mir vorher nicht angesehn. Erst nach dem Film, um zu sehn wieviel von der Handlung er verraten hätte. In Sachen Spoiler ist der Trailer da relativ harmlos, allerdings erweckt er den Eindruck als ginge es tatsächlich vornehmlich um die Inglorious Basterds, und wie sie hinter feindlichen Linien auf Nazijagd gehn. Wer mit der Erwartungshaltung in's Kino gegangen ist, wurde vermutlich dann auch enttäuscht.
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